Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT)

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Die Akzeptanz- und Commitmenttherapie (engl. Acceptance and Commitment Therapy, kurz ACT) ist eine Form der kognitiven Verhaltenstherapie, die darauf abzielt, Menschen zu helfen, mit schwierigen Emotionen und Gedanken auf eine neue, flexible Weise umzugehen. Anstatt unangenehme Gefühle oder belastende Gedanken zu verdrängen oder zu kontrollieren, ermutigt ACT die Patienten, diese Erfahrungen zu akzeptieren und sich auf die eigenen Werte zu konzentrieren. Das Hauptziel von ACT ist es, das psychische Wohlbefinden zu verbessern, indem man sich verpflichtet (engl. „commit“), sein Leben entsprechend der eigenen Werte und Ziele zu leben, anstatt sich von negativen Gedanken und Gefühlen blockieren zu lassen.

ACT basiert auf zwei zentralen Komponenten: Akzeptanz und Commitment. Akzeptanz bedeutet, schwierige Gedanken und Emotionen ohne Bewertung oder Widerstand anzunehmen, während Commitment darauf abzielt, aktiv Schritte zu unternehmen, die im Einklang mit den eigenen Werten stehen. Diese Therapie geht davon aus, dass es oft nicht möglich ist, unangenehme Gefühle oder Gedanken vollständig zu eliminieren. Stattdessen fördert ACT die Entwicklung psychischer Flexibilität, indem man lernt, auch in schwierigen Momenten bewusst zu handeln und sich nicht von inneren Hindernissen abhalten zu lassen.

ACT verwendet Techniken aus der Achtsamkeitspraxis und der kognitiven Verhaltenstherapie, um die Akzeptanz von Emotionen und die Fokussierung auf wertebasierte Handlungen zu fördern. Sie wird zur Behandlung einer Vielzahl von psychischen Störungen eingesetzt, darunter Depressionen, Angststörungen, chronische Schmerzen, posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) und Suchterkrankungen.

Grundprinzipien der Akzeptanz- und Commitmenttherapie


ACT beruht auf sechs zentralen Prozessen, die darauf abzielen, psychische Flexibilität zu fördern. Diese Prozesse helfen den Patienten, einen gesünderen Umgang mit ihren Gedanken und Gefühlen zu entwickeln und gleichzeitig ein werteorientiertes Leben zu führen:

1. Akzeptanz


Akzeptanz bedeutet, schmerzvolle Gedanken und Gefühle zuzulassen, anstatt sie zu vermeiden oder zu unterdrücken. ACT geht davon aus, dass der Versuch, unangenehme Emotionen zu kontrollieren oder zu vermeiden, oft zu mehr Leid führt. Indem man diese Erfahrungen annimmt, kann man lernen, sie loszulassen und sich weniger von ihnen beeinflussen zu lassen.

Beispiel: Eine Person, die unter sozialer Angst leidet, könnte die Angst annehmen, anstatt sie zu bekämpfen oder zu vermeiden. Dies könnte bedeuten, die Angst zu spüren und trotzdem an sozialen Aktivitäten teilzunehmen, anstatt sich zurückzuziehen.

2. Kognitive Defusion


Kognitive Defusion ist eine Technik, die darauf abzielt, den Einfluss von Gedanken zu verringern, indem man lernt, Gedanken als vorübergehende mentale Ereignisse zu betrachten, anstatt als absolute Wahrheiten. Durch Defusion distanziert man sich von belastenden Gedanken, ohne sie zu verleugnen oder zu bekämpfen.

Beispiel: Anstatt den Gedanken „Ich bin nicht gut genug“ als Wahrheit zu akzeptieren, lernt man, ihn als nur einen Gedanken zu betrachten. Man könnte sagen: „Ich habe den Gedanken, dass ich nicht gut genug bin“, was eine gewisse Distanz zu dem Gedanken schafft.

3. Achtsamkeit


Achtsamkeit ist ein zentraler Bestandteil von ACT und bezieht sich auf die Praxis, den gegenwärtigen Moment bewusst und ohne Urteil wahrzunehmen. Achtsamkeit hilft, sich von automatischen Reaktionen auf Gedanken und Gefühle zu lösen und stattdessen bewusst zu wählen, wie man auf diese reagiert.

Beispiel: In einer stressigen Situation könnte man sich auf den Atem konzentrieren und die gegenwärtigen Empfindungen wahrnehmen, anstatt sofort auf den Stress zu reagieren. Dies schafft Raum für bewusstes Handeln, anstatt sich von impulsiven Emotionen leiten zu lassen.

4. Selbst als Kontext


ACT unterscheidet zwischen dem „Selbst als Inhalt“ und dem „Selbst als Kontext“. Das „Selbst als Inhalt“ bezieht sich auf die Geschichten, Überzeugungen und Gedanken, die wir über uns selbst haben, während das „Selbst als Kontext“ das Bewusstsein ist, das diese Gedanken beobachtet. In ACT lernt man, sich mehr mit dem „Beobachter-Selbst“ zu identifizieren, anstatt sich vollständig mit den eigenen Gedanken zu identifizieren.

Beispiel: Anstatt zu sagen: „Ich bin ein Versager“, könnte man lernen zu erkennen, dass dieser Gedanke nur eine vorübergehende Erscheinung im Bewusstsein ist, die das „Selbst als Kontext“ beobachten kann, ohne sie zu bewerten.

5. Werte


Ein zentraler Aspekt von ACT ist die Fokussierung auf persönliche Werte. Werte sind die grundlegenden Überzeugungen und Prinzipien, die einem Menschen wichtig sind und sein Handeln leiten. In ACT geht es darum, zu erkennen, was einem wirklich wichtig ist, und das eigene Verhalten im Einklang mit diesen Werten zu gestalten.

Beispiel: Eine Person, die Familie als wichtigen Wert betrachtet, könnte sich trotz der Angst, nicht gut genug zu sein, dazu verpflichten, mehr Zeit mit ihren Kindern zu verbringen, weil dies ihren Werten entspricht.

6. Commitment (Verpflichtung zum Handeln)


In ACT geht es nicht nur darum, Gedanken und Emotionen zu akzeptieren, sondern auch aktiv Schritte zu unternehmen, um ein sinnvolles und wertebasiertes Leben zu führen. Dies bedeutet, sich zu verpflichten, in Übereinstimmung mit den eigenen Werten zu handeln, auch wenn dies mit unangenehmen Gefühlen oder Ängsten verbunden ist.

Beispiel: Ein Mensch, der großen Wert auf körperliche Gesundheit legt, könnte sich dazu verpflichten, regelmäßig Sport zu treiben, selbst wenn er anfangs keine Motivation verspürt oder sich müde fühlt.

Anwendung von ACT in der Therapie


ACT wird zur Behandlung einer Vielzahl von psychischen Störungen eingesetzt, da sie Menschen hilft, psychische Flexibilität zu entwickeln und ihre Lebensqualität zu verbessern. Zu den wichtigsten Anwendungsbereichen gehören:

1. Depression


ACT ist wirksam bei der Behandlung von Depressionen, da sie den Betroffenen hilft, sich von negativen Gedankenmustern zu lösen, die die depressive Stimmung verstärken. Anstatt gegen depressive Gedanken und Gefühle anzukämpfen, lernen die Patienten, diese zu akzeptieren und ihr Verhalten nach ihren Werten auszurichten, um wieder mehr Sinn und Erfüllung im Leben zu finden.

2. Angststörungen


ACT ist besonders nützlich bei der Behandlung von Angststörungen, da sie Patienten hilft, ihre Angst zu akzeptieren, anstatt sie zu vermeiden. Durch Achtsamkeit und Akzeptanz lernen die Betroffenen, mit der Angst zu leben und sich nicht von ihr kontrollieren zu lassen. Dies kann dazu führen, dass sie sich ihren Ängsten stellen und trotz der Angst sinnvolle Handlungen unternehmen.

3. Chronische Schmerzen


ACT wird häufig bei Menschen mit chronischen Schmerzen eingesetzt, da sie hilft, den Schmerz zu akzeptieren und gleichzeitig ein erfülltes Leben zu führen. Anstatt den Fokus ausschließlich auf die Schmerzreduktion zu legen, fördert ACT die Akzeptanz des Schmerzes und die Orientierung an persönlichen Werten, wie dem Pflegen sozialer Beziehungen oder der beruflichen Erfüllung.

4. Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)


ACT kann Menschen mit PTBS helfen, traumatische Erinnerungen und die damit verbundenen Emotionen zu akzeptieren, anstatt diese zu vermeiden oder zu verdrängen. Durch Achtsamkeit und kognitive Defusion lernen die Betroffenen, ihre traumatischen Erfahrungen zu akzeptieren, ohne dass diese ihr Leben weiterhin dominieren.

5. Suchtverhalten


ACT ist auch eine wirksame Methode zur Behandlung von Suchterkrankungen. Die Therapie hilft den Patienten, den Drang nach der Suchtmittelverwendung zu akzeptieren, ohne darauf reagieren zu müssen. Gleichzeitig lernen die Patienten, sich auf ihre Werte zu konzentrieren und ein Leben aufzubauen, das mit diesen Werten übereinstimmt.

ACT-Techniken und -Übungen


ACT verwendet eine Vielzahl von Techniken, um den Patienten zu helfen, Akzeptanz, Achtsamkeit und wertebasierte Handlungen in ihr Leben zu integrieren. Zu den häufig verwendeten Techniken gehören:

1. Achtsamkeitsübungen


Achtsamkeitsübungen zielen darauf ab, das Bewusstsein für den gegenwärtigen Moment zu schärfen, ohne diesen zu bewerten. Eine einfache Achtsamkeitsübung besteht darin, sich auf den Atem zu konzentrieren und die Empfindungen des Ein- und Ausatmens zu beobachten. Wenn die Gedanken abschweifen, wird die Aufmerksamkeit sanft zurück auf den Atem gelenkt.

2. Akzeptanzübungen


Diese Übungen helfen, unangenehme Gefühle und Gedanken zuzulassen, ohne zu versuchen, sie zu verändern oder zu unterdrücken. Eine Übung könnte darin bestehen, die Augen zu schließen und die Emotionen, die im Körper aufsteigen, bewusst wahrzunehmen, ohne sie zu bewerten oder zu bekämpfen.

3. Werteklärung


In der ACT werden die Patienten dazu ermutigt, ihre wichtigsten Lebenswerte zu identifizieren. Dies geschieht oft durch gezielte Fragen wie: „Was ist dir im Leben am wichtigsten?“ oder „Was möchtest du am Ende deines Lebens erreicht haben?“ Die Klarheit über die eigenen Werte hilft den Patienten, Entscheidungen und Handlungen im Einklang mit diesen Werten zu treffen.

4. Commitment-Übungen


Diese Übungen fordern die Patienten auf, konkrete Schritte zu unternehmen, um ihre Werte in die Tat umzusetzen. Zum Beispiel könnte ein Patient, der seine Gesundheit als Wert identifiziert hat, eine Verpflichtung eingehen, regelmäßig Sport zu treiben, unabhängig von seiner momentanen Stimmung.

5. Metaphern und Geschichten


ACT verwendet häufig Metaphern, um abstrakte Konzepte verständlich zu machen. Ein bekanntes Beispiel ist die „Passagier-Metapher“, bei der das Leben als Busfahrt beschrieben wird. Die Gedanken und Emotionen sind die Passagiere, die manchmal laut und störend sind. Der Patient lernt, der Fahrer des Busses zu bleiben, unabhängig davon, was die Passagiere sagen.

Vorteile der Akzeptanz- und Commitmenttherapie


ACT bietet viele Vorteile, insbesondere für Menschen, die Schwierigkeiten haben, mit negativen Gedanken und Gefühlen umzugehen. Zu den wichtigsten Vorteilen gehören:

  • Förderung der psychischen Flexibilität: ACT hilft, flexibler auf schwierige Situationen zu reagieren, indem man lernt, Gedanken und Gefühle anzunehmen, anstatt sich von ihnen kontrollieren zu lassen.
  • Verbesserte emotionale Resilienz: Durch die Praxis der Akzeptanz und Achtsamkeit lernen Menschen, auch in herausfordernden Situationen ruhig und gelassen zu bleiben.
  • Wertorientiertes Leben: ACT unterstützt Menschen dabei, ein erfülltes Leben zu führen, das im Einklang mit ihren Werten steht, unabhängig von den Herausforderungen, die sie erleben.
  • Langfristige Veränderungen: Durch die Fokussierung auf Werte und wertebasiertes Handeln bietet ACT Werkzeuge für langfristige Veränderungen, die das Leben tiefgreifend beeinflussen können.

Fazit


Die Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT) ist eine kraftvolle psychotherapeutische Methode, die Menschen hilft, psychische Flexibilität zu entwickeln, indem sie unangenehme Gedanken und Gefühle akzeptieren und ein wertebasiertes Leben führen. Durch die Kombination von Achtsamkeit, Akzeptanz und werteorientiertem Handeln unterstützt ACT Menschen dabei, auch in schwierigen Situationen bewusst und sinnvoll zu handeln.

ACT ist besonders wirksam bei der Behandlung von Depressionen, Angststörungen, chronischen Schmerzen und anderen psychischen Störungen. Es bietet eine alternative Herangehensweise, bei der das Ziel nicht die Kontrolle oder Beseitigung unangenehmer Erfahrungen ist, sondern die Bereitschaft, sie anzunehmen und im Einklang mit den eigenen Werten zu leben.