Dialektisch-Behaviorale Therapie

zurück zur Wiki-Übersicht

Die Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT) ist eine spezialisierte Form der kognitiven Verhaltenstherapie, die ursprünglich zur Behandlung von Borderline-Persönlichkeitsstörungen entwickelt wurde. Heute findet sie Anwendung bei einer Vielzahl psychischer Störungen, insbesondere bei solchen, die mit starken emotionalen Instabilitäten einhergehen. Die DBT wurde in den 1980er Jahren von Marsha Linehan entwickelt, um den besonderen Herausforderungen bei der Behandlung von emotionalen Dysregulationen zu begegnen.

Geschichte und Entwicklung der Dialektisch-Behavioralen Therapie


Die Dialektisch-Behaviorale Therapie entstand aus der Notwendigkeit heraus, effektive Behandlungsansätze für Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörungen zu finden. Diese Patienten zeigten oft Schwierigkeiten im Umgang mit ihren Emotionen, impulsives Verhalten und eine hohe Suizidalität. Marsha Linehan, die Begründerin der DBT, kombinierte klassische kognitive Verhaltenstherapie mit Elementen der Akzeptanz- und Commitment-Therapie, um diesen Patienten zu helfen, ihre Emotionen zu regulieren und gleichzeitig eine Balance zwischen Akzeptanz und Veränderung zu finden.

Das Konzept der Dialektik spielt dabei eine zentrale Rolle: Es geht um das Akzeptieren von Gegensätzen und das Streben nach einer Balance zwischen Extremen. So lernen Patienten, widersprüchliche Gefühle und Gedanken zu integrieren, was ihnen hilft, mehr emotionale Stabilität zu erreichen.

Prinzipien und Grundlagen der Dialektisch-Behavioralen Therapie


Die DBT basiert auf mehreren zentralen Prinzipien, die auf die spezifischen Bedürfnisse der Patienten zugeschnitten sind:

  1. Achtsamkeit: Patienten lernen, im gegenwärtigen Moment zu leben und ihre Emotionen, Gedanken und Handlungen zu beobachten, ohne sie zu bewerten. Achtsamkeit ist ein Schlüsselprinzip, das Patienten hilft, ihre Emotionen besser zu verstehen und zu regulieren.
  2. Stresstoleranz: Im Rahmen der DBT lernen Patienten Techniken zur Stresstoleranz, um mit Krisensituationen umzugehen, ohne destruktive Verhaltensweisen zu nutzen. Hierzu gehören Skill-Training-Techniken wie Atemübungen oder das Einsetzen von Eiswasser, um akute Spannungen abzubauen.
  3. Emotionsregulation: Die DBT hilft Patienten dabei, starke emotionale Schwankungen zu verstehen und effektiver zu bewältigen. Ziel ist es, die Intensität der Emotionen zu verringern und emotionale Balance zu erreichen.
  4. Zwischenmenschliche Effektivität: Patienten lernen, in zwischenmenschlichen Beziehungen effektiver zu kommunizieren und ihre Bedürfnisse auf eine gesunde Weise durchzusetzen.

Anwendungsgebiete der Dialektisch-Behavioralen Therapie


Obwohl die DBT ursprünglich für die Behandlung von Borderline-Persönlichkeitsstörungen entwickelt wurde, hat sie sich inzwischen als wirksamer Behandlungsansatz für verschiedene psychische Störungen erwiesen. Zu den wichtigsten Anwendungsgebieten gehören:

  • Borderline-Persönlichkeitsstörung: Die DBT ist besonders wirksam bei der Reduzierung von selbstverletzendem Verhalten und Suizidgedanken.
  • Essstörungen: Patienten mit Anorexie oder Bulimie profitieren von den emotionsregulierenden Techniken der DBT.
  • Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS): Die DBT wird häufig bei Patienten angewendet, die an traumatischen Erlebnissen leiden und Schwierigkeiten haben, diese emotional zu verarbeiten.
  • Substanzmissbrauch: Viele Menschen mit Suchtproblemen profitieren von den Prinzipien der DBT, da sie lernen, impulsives Verhalten und emotionale Instabilität zu kontrollieren.

Phasen der Dialektisch-Behavioralen Therapie


Die DBT ist in mehrere Phasen unterteilt, die aufeinander aufbauen und den Patienten Schritt für Schritt zu mehr emotionaler Stabilität führen:

  1. Phase 1 – Stabilisierung: In dieser Phase geht es darum, das Leben des Patienten zu stabilisieren, indem selbstzerstörerische Verhaltensweisen reduziert werden. Dies kann durch Skill-Training und das Erlernen von Stresstoleranz-Techniken erreicht werden.
  2. Phase 2 – Emotionsverarbeitung: Nachdem der Patient eine gewisse Stabilität erreicht hat, wird in der zweiten Phase an der Verarbeitung von traumatischen Erlebnissen und starken emotionalen Schwankungen gearbeitet.
  3. Phase 3 – Lebensqualität verbessern: In dieser Phase geht es darum, die Lebensqualität des Patienten durch die Entwicklung langfristiger Ziele zu verbessern. Dies umfasst die Arbeit an zwischenmenschlichen Beziehungen und beruflichen oder persönlichen Zielen.
  4. Phase 4 – Autonomie und Selbstmanagement: In der letzten Phase lernen die Patienten, ihre erlernten Fähigkeiten eigenständig anzuwenden, um ein selbstbestimmtes und zufriedenes Leben zu führen.

Effektivität der Dialektisch-Behavioralen Therapie


Die DBT ist eine der am besten erforschten und wirksamsten Behandlungsansätze für die Borderline-Persönlichkeitsstörung. Studien zeigen, dass sie die Suizidrate senken, selbstverletzendes Verhalten reduzieren und die Lebensqualität der Patienten erheblich verbessern kann. Auch bei anderen psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Essstörungen und Posttraumatischen Belastungsstörungen hat sich die DBT als wirksam erwiesen.

Ein entscheidender Faktor für die Effektivität der DBT ist der enge therapeutische Rahmen. Patienten nehmen oft an wöchentlichen Einzeltherapiesitzungen und Gruppentherapien teil, wo sie die verschiedenen Skills erlernen und anwenden können. Zudem stehen sie häufig in engem Kontakt mit ihrem Therapeuten, was besonders bei akuten Krisensituationen hilfreich ist.

Dialektisch-Behaviorale Therapie im Vergleich zu anderen Therapieformen


Die DBT unterscheidet sich in mehreren Aspekten von anderen kognitiven Verhaltenstherapien:

  • Fokus auf Akzeptanz und Veränderung: Während traditionelle Verhaltenstherapien stark auf die Veränderung von negativen Denkmustern setzen, legt die DBT großen Wert auf die Balance zwischen Akzeptanz und Veränderung. Patienten lernen, schwierige Gefühle und Situationen anzunehmen, ohne sie zu bewerten, und gleichzeitig daran zu arbeiten, ihr Verhalten zu ändern.
  • Dialektisches Prinzip: Das dialektische Prinzip der DBT ermöglicht es Patienten, widersprüchliche Gedanken und Emotionen zu akzeptieren und einen Mittelweg zu finden.
  • Intensive therapeutische Begleitung: Im Gegensatz zu anderen Therapien bietet die DBT oft eine intensivere Unterstützung durch Gruppentherapien und regelmäßigen Kontakt mit dem Therapeuten außerhalb der Sitzungen.

Fazit


Die Dialektisch-Behaviorale Therapie hat sich als effektiver und innovativer Ansatz zur Behandlung schwerer emotionaler Instabilitäten erwiesen. Sie bietet Patienten die Möglichkeit, eine Balance zwischen Akzeptanz und Veränderung zu finden und somit ein stabileres und erfüllteres Leben zu führen. Besonders bei Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörungen ist die DBT von unschätzbarem Wert, da sie ihnen hilft, mit starken emotionalen Schwankungen und impulsivem Verhalten umzugehen.

Die enge therapeutische Begleitung und der Fokus auf Achtsamkeit, Stresstoleranz und zwischenmenschliche Effektivität machen die DBT zu einer der wirkungsvollsten psychotherapeutischen Methoden der modernen Zeit.